Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

Ein moderner Künstler - lange vor Anbruch der Moderne

18.11.2010

Kunsthistoriker Schauerte interpretiert Albrecht Dürer und seinen Holzschnittzyklus zur Apokalypse neu – Erfolgreicher Abschluss der Universitäts-Ringvorlesung zur Johannesoffenbarung

Holzschnitt zu Offb 10 (Bild: Albrecht-Dürer-Haus Nürnberg/Th. Schauerte)

(cet) Zum Abschluss der Ringvorlesung der Würzburger Universität zur Johannesoffenbarung und ihrer Wirkung auf die Künste stand am 17. November 2010  im Toscanasaal der Residenz die Rezeption der Apokalypse in der bildenden Kunst im Mittelpunkt. Dr. Thomas Schauerte, Leiter des Nürnberger Albrecht-Dürer Haus und der Grafischen Sammlung der Stadt, beschäftigte sich dabei mit Albrecht Dürers Holzschnittzyklus zur Apokalypse.

Dürers eindrückliche Illustration der Offenbarung erschien 1498 unter dem Titel „Apocalipsis cum figuris“. Das Werk werde von der Kunstgeschichte gemeinhin als Dürers Durchbruch und als Ende seiner Frühzeit bezeichnet. Doch sei es auch ein enormes verlegerisches Risiko gewesen, über dessen vermeintlich glücklichen Ausgang nur wenig bekannt sei, so der Leiter des Nürnberger Dürer-Hauses in seinem reich illustrierten Vortrag „Flammen des Infernos. Dürers Endzeitvisionen in der Apokalypse und das Epochenjahr 1500“.

Meist versuche man, Dürers Werk als historische Quelle wörtlich zu nehmen, doch müsse man dies kritisch hinterfragen. Denn wenn man Dürers Apokalypse als symbolisches Wahrzeichen der als zerrissen erscheinenden Epoche um 1500 mit vermeintlichem Endzeitcharakter deute, dann messe man dem Werk einen geradezu prophetischen Zug bei. Dies sei jedoch zu einfach gedacht, so der ausgewiesene Dürer-Spezialist Thomas Schauerte. Die Periode um 1500 sei keineswegs allein von Weltuntergangsstimmung geprägt gewesen. Im Gegenteil, als vom Papst ausgerufenes Heiliges Jahr sei das Jahr 1500 als Gnaden- und Ablassjahr gefeiert worden.

Durch den Vergleich mit anderen Werken Dürers ließ der Referent den berühmten Holzschnittzyklus zur Johannesoffenbarung in einem neuen Licht erscheinen. Die große Bandbreite der teilweise zeitgleich entstandenen Kunstwerke Dürers, die von ernsten religiösen Motiven bis zu heiteren Genrebildern reicht, zeige, dass man die Wurzeln für Dürers späteren Ruhm nicht ausschließlich in dem Geniestreich der Apokalypse suchen dürfe: „Man muss daneben auch jene Werke berücksichtigen, die das Käuferinteresse auf eine eher kurzweilige Art zu befriedigen wussten“, so der 43jährige  Schauerte, der auch Leiter der Grafischen Sammlung der Stadt Nürnberg ist. Albrecht Dürer werde tatsächlich „ein moderner Künstler lange vor dem Anbruch der eigentlichen Moderne“ greifbar, so das Fazit des promovierten Kunsthistorikers.

Schauertes Vortrag beschloss die Universitäts-Ringvorlesung "Endspiele. Apokalypse in der Bibel und in den Künsten". Die Veranstaltungsreihe, die von der Katholisch-Theologischen Fakultät organisiert wurde, stieß auf großes Interesse, insgesamt ca. 400 Zuhörer besuchten die vier Abende. Eine Publikation der Beiträge ist für 2011 in der Reihe "Würzburger Theologie" geplant.

Von Claudio Ettl

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