Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

Die Sprache des eigenen Lebens finden

17.05.2010

Hanns-Josef Ortheil las aus seinem neuen Roman „Die Erfindung des Lebens“

(cet) Am Sonntag war es wieder soweit: Das Exerzitienhaus Himmelspforten und der Würzburger Lehrstuhl für Pastoraltheologie luden zum diesjährigen Sonntagsdialog ein. Auch wenn sich wegen des Stadtmarathons die Anreise komplizierter als sonst erwies, hatten erneut zahlreiche Literaturinteressierte den Weg in das Bildungshaus der Diözese gefunden. Sie wurden mit einem eindrücklichen und intensiven Vormittag belohnt.

Traditionell geht der eigentlichen Lesung ein Gottesdienst voraus. In seiner Predigt über die Erzählung von der Heilung eines Taubstummen stellte Erich Garhammer, Professor für Pastoraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg, den Gedanken der Sprachfindung in das Zentrum. Wie in der Wundergeschichte der in seiner Artikulation beeinträchtigte Mann erst durch Jesus zu seiner eigenen Sprache finde, gehe es für den heutigen Menschen darum, das Wunder seiner eigenen Sprache zu entdecken. „Gerade Literaten zeigen uns, wie wir in die eigene Sprache kommen können“, so Garhammer. Ein Beispiel dafür sei auch Hanns-Josef Ortheil.

In der anschließenden Lesung trug der 1951 geborene Ortheil, zugleich Inhaber eines Lehrstuhls für Kreatives Schreiben an der Universität Hildesheim, Kernpassagen seines jüngsten Werkes „Die Erfindung des Lebens“ (Luchterhand 2009) vor.  Der Roman erzählt die Geschichte eines jahrelang stummen Kindes, dessen Eltern im Krieg und in der Nachkriegszeit vier Kinder verloren haben. Zusammen mit der seit dem Tod des vierten Sohnes ebenfalls stummen Mutter wächst es in einer künstlichen Schutzzone auf, aus der es sich erst langsam durch das Klavierspiel und den unorthodoxen Sprachunterricht des Vaters befreien kann.

In seinen Einführungen erläuterte Ortheil die autobiographischen Hintergründe des Werkes. Ausführlich ging er auch auf den sachlich beobachtenden, beinahe protokollierend-dokumentierenden Stil des Werkes und auf die von ihm gewählte Erzählperspektive eines Erzählers ein, der Jahrzehnte später in Rom die Geschichte des stummen Johannes aufzeichnet. Es gehe darum, zur eigenen Geschichte eine Distanz zu finden, die dann erst das Erzählen ermögliche, so der mit zahlreichen Preisen, darunter dem Thomas-Mann-Preis, ausgezeichnete Ortheil.

Beim anschließenden kulinarischen Abschluss bestand Gelegenheit zu weiteren Gesprächen mit dem Autor, die von den Teilnehmern rege genützt wurde.

<link file:99279 download file>Text der Begrüßung durch Prof. Erich Garhammer (PDF-Datei)

(Fotos: Astrid Schilling)

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Von Claudio Ettl

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