Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

"Wo zwei oder drei ... - in der XXL-Pfarrei?"

12.01.2020

Fortsetzung der Reihe "Liturgie der Zukunft"

Uta Raabe, Stefanie Krömker, Prof. Dr. Birgit Jeggle-Merz, Bischof Dr. Franz Jung, Michaela Pilters (von links)

Die gegenwärtige Situation der Kirche im Bistum Würzburg, aber auch darüber hinaus in allen deutschen Diözesen ist gekennzeichnet von großen strukturellen Veränderungen: Gemeinden werden zusammengelegt, pastorale Räume werden immer größer und die Zahl sog. „praktizierender Katholiken“, die also regelmäßig am (sonntäglichen) Gottesdienst ihrer Gemeinde teilnehmen, sinkt stetig. Ein Mangel an Priestern und ein Mangel an Gläubigen scheinen sich gegenseitig zu bedingen.

Wie kann Liturgie trotz dieser massiven Strukturveränderungen der „Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt“ (Sacrosanctum Concilium 10) bleiben? Wie können diese sinnvoll vorbereitet und gefeiert werden – ggf. auch ohne Begleitung und Leitung durch Priester und hauptamtliche Laientheologinnen und -theologen? Welche neuen und anderen Gottesdienstformen sind demnach denkbar, in denen Menschen ihr Lob, ihren Dank und ihre Bitten vor Gott tragen und dabei seine heilende Gegenwart spüren können? Was wären liturgische Standards, die Kirche braucht, um als Kirche auch in Zeiten massiver Veränderung überleben zu können? Was sind hingegen gottesdienstliche Formen, die sich ändern können, vielleicht sogar müssen (vgl. SC 21) unter den Herausforderungen der Zeichen der Zeit?

Mit dieser und ähnlichen Fragen befasste sich am Mittwoch, 04.12.2019, eine Podiumsdiskussion, zu der der Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft eingeladen hatte und mit der die jährliche Veranstaltungsreihe „Liturgie der Zukunft“ ihre Fortsetzung fand. Als Diskussionsteilnehmer konnte Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Martin Stuflesser in diesem Jahr Bischof Dr. Franz Jung (Bischof von Würzburg), Prof. Dr. Birgit Jeggle-Merz (Liturgiewissenschaftlerin, Universität Luzern), Stefanie Krömker (Pastoralreferentin, Bistum Würzburg) und Uta Raabe (Leiterin des Bereichs „Pastoral“, Erzbischöfliches Ordinariat Berlin) begrüßen. Die Antworten der Diskussionsteilnehmer auf die genannten Fragen fielen dabei sehr unterschiedlich aus.

Bischof Dr. Franz Jung betonte, dass die Größe der pastoralen Räume sowie deren Grenzen für die Gläubigen vielfach überhaupt keine Rolle spiele. Denn: Die Gläubigen besuchten den Gottesdienst vielfach nicht in dem pastoralen Raum, dem sie aufgrund ihres Wohnsitzes zugehörten, sondern dort, wo der Gottesdienst ihren Bedürfnissen und Wünschen entspreche. Als entscheidende Kriterien nannte Jung verlässliche Gottesdienstzeiten an ein und demselben Ort, aber auch die Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen Gottesdienstzeiten an unterschiedlichen Orten wählen zu können, sowie Zeit für die Begegnung mit Menschen aus der Gemeinde nach dem Gottesdienst. Darüber hinaus forderte Jung, die Sinnhaftigkeit gottesdienstlicher Vollzüge stärker zu betonen: So sollte z.B. das Triduum, die drei österlichen Tage von Gründonnerstag bis Ostern, als zusammenhängende Feier an ein und demselben Ort gefeiert und die Feier nicht aus Gründen einer vermeintlichen Gerechtigkeit auf mehrere Orte „verteilt“ werden.

Prof. Dr. Birgit Jeggle-Merz ging in ihrem Statement zunächst von ihrer Rolle als (akademischer) Liturgiewissenschaftlerin aus: Die Aufgabe der „akademischen Profis“ sah sie darin, auch neue gottesdienstliche Formate zu entwickeln, die die Gläubigen auch ohne „Hauptamtliche“ feiern könnten. Allerdings seien solche Formate, wie z.B. Wort-Gottes-Feiern, keine Ersatzformen für die Eucharistiefeier – wenngleich auch das bloße Hören des Wortes Gottes eine Form der Gottesbegegnung sei.  

Stefanie Krömker und Uta Raabe betonten, wenngleich aus unterschiedlicher Perspektive, dass für das Gelingen von gottesdienstlichen Feiern v.a. die Orientierung an der feiernden Gemeinde und deren Bedürfnissen entscheidend sei. Mit Blick auf die (durchaus heterogene) Situation in Berlin forderte Raabe die Entwicklung neuer gottesdienstlicher Formate: Gegenüber religiös wenig sozialisierten Gottesdienstteilnehmerinnen / -teilnehmern erfülle der Gottesdienst vielfach die Funktion der Erstverkündigung und müsse (ggf. in einem neuen gottesdienstlichen Format) auf das Wesentliche reduziert werden. Dagegen äußerte Krömker, Pastoralreferentin im (relativ homogen) katholisch geprägten Kahlgrund, eine gewisse Skepsis: Entscheidend sei v.a. die Haltung, mit der gottesdienstliche Feiern begangen würden (freudig vs. jammernd). Neue gottesdienstliche Formen, aber auch qualitative gute Gottesdienste alleine, seien keine Lösung, um eine „tote“ Gemeinde wiederzubeleben.

Moderiert wurde die Diskussion von der Journalistin Michaela Pilters. Das Publikum war eingeladen, über Publikumsanwälten Fragen in die Diskussion einzubringen.

 

Zur Reihe „Liturgie der Zukunft“

Die Reihe „Liturgie der Zukunft“ fand in diesem Jahr bereits zum elften Mal statt. Ziel der Reihe ist es – ganz im Geiste der am 04.12.1963 verabschiedeten Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium (SC) – mit prominenten Gästen aktuelle liturgische Themen zu diskutieren.

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