„Ostkirchliche Liturgie zwischen Tradition, Normen und Reform“
23.11.2016Bericht zum Symposion
Wie stark ist der Gottesdienst der Ostkirchen durch althergebrachte Traditionen gebunden? Ist er offen für Reformen und sind diese erwünscht? Wie sollte die liturgische Praxis heute geregelt werden? Mit diesen Fragen befasste sich am 10. und 11. November ein von PD Dr. Dr. Thomas Mark Németh konzipiertes Symposion am Ostkirchlichen Institut an der Universität Würzburg, das gemeinsam mit der Fachvertretung für Ostkirchengeschichte und Ökumenische Theologie der Theologischen Fakultät veranstaltet wurde.
Vier renommierte Experten der Liturgiewissenschaft und des Kirchenrechts stellten ihre Beiträge einem knapp 40-köpfigen Publikum zur Diskussion. Den Anlass für die Veranstaltung bot eine Instruktion der Ostkirchenkongregation aus dem Jahre 1996. Darin geht es um die Anwendung der liturgischen Vorschriften, die sich im Gesetzbuch der katholischen Ostkirchen von 1990 (CCEO) finden.
Zunächst skizzierte Dr. Vasyl’ Rudejko, Liturgiewissenschaftler an der Ukrainischen Katholischen Universität in L’viv (Lemberg), jüngere und zeitgenössische Ansätze der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche für eine liturgische Erneuerung. Diese Kirche ist nicht nur die größte katholische Ostkirche, sondern hat auch kürzlich probeweise Regelungen zu relevanten liturgischen Fragen verabschiedet und diskutiert Fragen der aktiveren Teilnahme der Gläubigen an der Liturgie.
Prof. Ciprian Streza, Liturgiewissenschaftler an der Theologischen Fakultät der Universität Sibiu (Hermannstadt) in Rumänien, befasste sich mit dem Ansatz einer „liturgischen Theologie“, die der bedeutende orthodoxe Theologe Alexander Schmemann gerade auch in Hinblick auf den aktuellen „Säkularismus“ formuliert hatte. Der Referent betonte, dass die Krise der modernen Gesellschaft die Wiederbelebung einer Theologie erfordert, die sich am liturgischen Leben der Kirche orientiert.
Der emeritierte Münchener Kirchenrechtler Prof. Helmuth Pree nahm in seinem Vortrag eine Verhältnisbestimmung von Liturgie und Recht vor. Er beantwortete grundlegende Fragen des liturgischen Rechts der katholischen Ostkirchen in Bezug auf den Ostkirchenkodex und die oben erwähnte Instruktion.
Prof. Péter Szabó, Kirchenrechtler an der Katholischen Pázmány Péter Universität in Budapest, begründete und deutete die Aussage in Art. 6 des Konzilsdekrets „Orientalium Ecclesiarum“, wonach die katholischen Ostkirchen zu den überlieferten Traditionen zurückkehren sollten. Zudem bot er Ansätze und Beispiele für die Umsetzung dieses Unterfangens.
Im Rahmen des Symposions fand eine byzantinische Vesper in deutscher Sprache statt. Die Tagung hat sich mit sensiblen und über Konfessions- und Ritusgrenzen hinweg viel diskutierten Fragen kirchlicher Identität befasst, die auch Christen westlicher Tradition zum Nachdenken anregen. Dabei ging es etwa um den Stellenwert der Eucharistie und anlassbezogener Gottesdiensten in den Kirchengemeinden und um die Frage nach Kriterien für liturgische Erneuerung und Rückbesinnung. Die Beiträge des Symposion werden nächstes Jahr in der Zeitschrift „Ostkirchliche Studien“ veröffentlicht.