Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

Meinungsfreiheit à la Facebook?

13.02.2017

Vortrag von Rechtsanwalt Chan-jo Jun

Rechtsanwalt Chan-jo Jun während seines Vortrages

Nirgendwo sonst lassen so viele Menschen ihrem Hass freien Lauf wie in den „sozialen Medien“. In den Kommentarfunktionen von Facebook werden Ausländer beleidigt und andere Kommentatoren beschimpft. Sogar Aufrufe, Politiker oder andere Personen zu ermorden, sind nicht tabu.

Mit diesem Thema befasst sich der Würzburger Rechtsanwalt Chan-jo Jun. Auf Einladung der Fachschaft Theologie und der Katholisch-Theologischen Fakultät hielt der Alumnus der Universität Würzburg am vergangenen Freitag einen öffentlichen Vortrag mit dem Titel „Shitstorm, Hass und Volksverhetzung – wo endet die Meinungsfreiheit auf Facebook?"

„Wollen wir uns die Grenzen der Meinungsfreiheit durch die Gemeinschaftsstandards von Facebook oder durch die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland diktieren lassen?“, so fragte Jun und berichtete von den Schwierigkeiten, juristisch gegen die zahlreichen Verstöße gegen die Meinungsfreiheit in dem sozialen Netzwerk vorzugehen.

Als besonders frustrierend beschrieb Jun dabei die Verweigerungshaltung der Facebook-Verantwortlichen, für die nicht die jeweiligen nationalen Gesetze, sondern die eigenen Gemeinschaftsstandards maßgeblich seien, die sich von der „Mission“ ableiteten, Menschen unterschiedlicher Nationen miteinander zu vernetzen.

Die nachgewiesenen Verstöße gegen die Meinungsfreiheit in dem sozialen Netzwerk würden seitens der Verantwortlichen zumeist nur dadurch beantwortet, dass doch nicht Facebook selbst, sondern seine Nutzer dafür verantwortlich seien.

Dagegen argumentierte Jun, dass Facebook sehr wohl eine Mitverantwortung trage: Zwar sei Facebook nicht für die Meinungen seiner Nutzer verantwortlich, wenn gegen die Meinungsfreiheit aber offenkundig verstoßen werde, z.B. durch die Behauptung unwahrer Tatsachen, sei Facebook durchaus in der Pflicht, entsprechende Kommentare zu entfernen. „Für unwahre Tatsachenbehauptungen“, so Jun, „gibt es keine Meinungsfreiheit!“

Im Anschluss an den Vortrag Juns entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Im Zentrum stand dabei v.a. die von der Sozialethikerin Prof. Dr. Michelle Becka aufgeworfene Frage, wie man Facebook dazu bewegen könne, die jeweiligen nationalen Gesetze zu respektieren. Einem Boykott des sozialen Netzwerkes durch einzelne Nutzer rechnete Jun dabei nur geringe Chance aus. Würden aber große Unternehmen, durch deren Werbeanzeigen sich Facebook v.a. finanziere, die Verstöße gegen die Meinungsfreiheit anmahnen, könnte tatsächlich Druck aufgebaut werden, der die Facebook-Verantwortlichen zum Handeln zwinge.

 

Zur Person

Chan-jo Jun (*1974) ist Fachanwalt für IT-Recht und Gründer der auf IT-Recht spezialisierten Kanzlei JunIT Rechtsanwälte in Würzburg. Bekannt wurde er 2015 als der Würzburger Anwalt, der das Strafverfahren gegen Mark Zuckerberg und weitere Facebook-Manager wegen Hasskriminalität ins Rollen brachte. Seine Kanzlei betreut vom Freelancer bis zum Automobilhersteller Unternehmer in IT-rechtlichen Fragestellungen.

(Quelle: https://www.junit.de/kanzlei/team/ra-chan-jo-jun)

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