„Der Islam und die Christen des Ostens“
11.12.2015Tagungsbericht
Am 12. und 13. November fand im Ostkirchlichen Institut an der Universität Würzburg das Symposion zum Thema „Der Islam und die Christen des Ostens“ statt. Die Tagung wurde in Kooperation mit der Fachvertretung für Ostkirchengeschichte veranstaltet. Mehr als 60 Teilnehmer hatten die Gelegenheit, sich mit historischen und aktuellen Aspekten dieses Themas vertraut zu machen.
Andrej (Ćilerdžić), der in Wien residierende serbische orthodoxe Bischof von Österreich, Schweiz und Italien, legte in seinem Vortrag geschichtliche Aspekte und aktuelle Fragen des Dialogs zwischen der Orthodoxie und dem Islam dar. Der Großmufti von Slowenien Dr. Nedžad Grabus (Ljubljana) skizzierte auf dem Hintergrund aktueller europäischer Diskussionen die Herausforderung, dem Anderssein von Christen und Muslimen in der Gesellschaft, im Recht und im interreligiösen Dialog zu begegnen.
Der in Ankara wirkende Jesuit P. Jean-Marc Balhan bot nähere Einblicke in die komplexe gesellschaftliche Situation von Christen in der Türkei, während Ass. Prof. Dr. Eva Maria Synek (Wien) kulturgeschichtliche Spezifika der in die byzantinische Zeit zurückreichenden Praxis islamisch-orthodoxer Mischehen illustrierte.
Dr. Carsten Walbiner (Birzeit/Westjordanland) zeigte den wichtigen Beitrag christlicher Araber zur arabisch-islamischen Zivilisation auf und schilderte die prekäre Gegenwartslage von Christen im Nahen Osten. Dr. Dietmar Schon OP (Regensburg) erhellte unter besonderer Berücksichtigung von Johannes von Damaskus den Kontext mittelalterlicher theologischer Argumentationsmuster gegenüber dem Islam auf byzantinischer Seite. Prof. Dr. Hacik Rafi Gazer (Erlangen) zeigte an mehreren Fallbeispielen die Begegnung und Auseinandersetzung der christlichen Armenier mit dem Islam auf. Abschließend illustrierte Prof. Dr. Paul Brusanowski (Sibiu/Rumänien) die politische und gesellschaftliche Situation der rumänischen Donaufürstentümer unter osmanischer Herrschaft.
Die lebendigen und konstruktiven Diskussionen haben gezeigt, dass Fragen des islamisch-christlichen Zusammenlebens eine hohe Aktualität besitzen. Die vielschichtige und durchaus ambivalente gemeinsame Geschichte kennt Konflikte, aber auch Kooperation. Im Zuge des fachlichen und persönlichen Austausches wurden gemeinsame Einschätzungen vertieft, Kontakte für weitere Gespräche zwischen Religionsvertretern und Wissenschaftlern geknüpft und Desiderata für weitere Forschungen formuliert. Die Veranstalter danken dem Bistum Würzburg, dem Universitätsbund Würzburg e.V., Renovabis, der Pädagogischen Stiftung Cassianeum und den Freunden des Ostkirchlichen Instituts e.V. für Unterstützung des Symposions.
Text: Thomas Németh, Bild: Sergej Dubinin
Bericht über die Tagung im Sonntagsblatt