Das „katholischste“ Land der Welt?
05.12.2016Vortrag von Mons. Prof. Dr. Hugh Connolly
Am vergangenen Donnerstag, den 01.12.2016, hielt Mons. Prof. Dr. Hugh Connolly (Maynooth / Irland) im Rahmen seines Gastaufenthaltes an der Kath.-Theol. Fakultät einen Vortrag über die Situation der Katholischen Kirche in Irland. Conolly beleuchtete dabei sowohl die Struktur als auch die Entwicklung der irischen Kirche in den vergangenen Jahrzehnten.
Nachdrücklich wandte sich Connolly v.a. gegen das weit verbreitete Klischee, Irland sei das „katholischste“ Land der Welt. Zwar gehörten in Irland fast 90% der Bevölkerung der Katholischen Kirche an, doch unterscheide sich deren Situation in Irland bisweilen kaum noch von der in anderen westlichen Staaten: Auch die irische Kirche beklage einen massiven Bedeutungsverlust, der einen messbaren Niederschlag etwa in der stetig sinkenden Zahl der Gottesdienstbesucher oder Priesteramtskandidaten finde. Der Missbrauchsskandal des Jahres 2009 habe diesen Bedeutungsverlust nicht ausgelöst, sondern lediglich deutlich zur Schau gestellt.
Den Unterschied zu anderen westlichen Staaten konstatierte Connolly darin, dass die Katholische Kirche in Irland ihre vormalige Bedeutung nicht ein einem langsamen Prozess, sondern in einem rapiden Wandel („incredible turn around“) verloren habe. Als Ursache nannte er neben der zunehmenden Pluralisierung und Säkularisierung der irischen Gesellschaft v.a. den Vertrauensverlust gegenüber der Kirche, der mitunter auch durch das Schweigen der Kirche angesichts der irischen Finanz- und Staatskrise des Jahres 2008 begründet sei.
Trotz der ernüchternden Fakten zeigte sich Connolly mit Blick auf die zukünftige Entwicklung der Katholischen Kirche in Irland aber keineswegs pessimistisch. Einen Ausweg aus der Krise weise etwa der von Papst Franziskus eingeschlagene Weg: Die Kirche dürfe nicht herrschen, sondern müsse dienen („not governance, but service“) und dadurch versuchen, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen.