Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

Keynote

Prof. Dr. Michael Seewald (Münster/Berlin)
Fides et affectus.
Eine katholische Perspektive auf das Gefühl und den Glauben

In den vergangenen Jahrzehnten sind Emotionen und Affekte in den Fokus geisteswissenschaftlicher Forschung getreten. Es gibt zahlreiche Studien philosophischer, geschichtswissenschaftlicher, soziologischer oder politikwissenschaftlicher Provenienz, die sich mit der Bedeutung von Gefühlen für unser Verständnis von Rationalität, Zeitlichkeit, Gesellschaft und Politik befassen. Die christlichen Theologien zeigen derzeit hingegen wenig Interesse an Emotionen, obwohl "das Gefühl" im 19. Jahrhundert zu einem Schlüsselbegriff religiöser Weltdeutung wurde und die mittelalterliche Tradition Tiefgründiges über die Bedeutung von Liebe und Affekt für den Glauben zu sagen hatte. Der Vortrag versucht, die Bedeutung des Affektiven für den Glaubensakt und die Ekklesiologie zu skizzieren.

Michael Seewald studierte Katholische Theologie, Philosophie und Politikwissenschaft in Tübingen. 2011 promovierte er an der LMU München und wurde ebenfalls dort 2015 habilitiert. Ein Jahr später nahm er den Ruf auf eine Professur für Dogmatik und Dogmengeschichte in Münster an. Seit 2022 ist er Sprecher des Excellenzclusters „Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation“ ist.

Zu seinen Forschungsinteressen gehören u.a. Theologie und Aufklärung (spätes 17. bis frühes 19. Jahrhundert), Stabilität und Dynamik religiöser Menschenbilder, Religion als transzendente Zweitwertung und ihre politischen Folgen.

Seine wissenschaftlichen Leistungen wurden vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Heinz Maier-Leibnitz-Preis 2017. Zudem wurde er 2023 als wissenschaftliches Mitglied in die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und Künste und 2024 zum Permanent Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin ernannt. 2025 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgesellschaft.