Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

Kritische Edition des Speculum universale des Radulfus Ardens

17.04.2016

Neues DFG-Projekt am Lehrstuhl für Moraltheologie

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG hat dem Lehrstuhl für Moraltheologie (Prof. Dr. Stephan Ernst) für die Weiterführung der Kritischen Edition des Speculum universale des Radulfus Ardens (gest. um 1200) umfangreiche Mittel (2 halbe Stellen für wissenschaftliche MitarbeiterInnen, 1 HiWi-Stelle) für zunächst 3 Jahre (Laufzeit des Projekts insgesamt 6 Jahre) bewilligt.

Projektbeginn: voraussichtlich 1. Oktober 2016

Das Speculum universale des Radulfus Ardens ist die umfangreichste und ausführlichste systematische Gesamtdarstellung der theologischen Ethik im 12. Jahrhundert. Seine Entstehungszeit ist im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts anzusetzen. Eingeteilt ist das Speculum universale in 14 Bücher, von denen die Bücher I–V eine allgemeine Tugendlehre enthalten, während die Bücher VII–XIV die einzelnen Tugenden inhaltlich entfalten und dabei viele konkrete ethische Fragen zur Sprache bringen (Buch VI, das vom Gebet handeln sollte, ist nie geschrieben worden).

Über den Autor selbst ist kaum Sicheres greifbar. Deutlich ist jedoch, dass Radulfus Ardens – wie auch Alanus von Lille, Johannes von Salisbury, Simon von Tournai, Petrus Cantor, Magister Martinus, Magister Hubertus – dem Kreis der Porretaner, also der von Gilbert von Poitiers (Gilbertus Porretanus) beeinflussten Theologen des 12. Jahrhunderts, zugehört. Charakteristisch für diesen Theologenkreis ist es u.a., dass in der Tugendlehre antike philosophische Tugendeinteilungen und ein entsprechendes philosophisches Tugendkonzept rezipiert werden.

Die Porretaner unterscheiden sich darin markant von dem einflussreichen Werk des Petrus Lombardus und seinem Schülerkreis. Während diese in der Ethik ein primär theologisches, von der Gnade her denkendes Tugendverständnis zur Geltung bringen und die sittlichen Grundhaltungen auf die geschenkte Tugend der caritas reduzieren, bringen die Porretaner die Eigenwirklichkeit des Menschen verstärkt zur Sprache. Gerade bei Radulfus Ardens wird diese Eigenwirklichkeit des Menschen in seiner Anthropologie und der darauf aufbauenden speziellen Tugendlehre ausführlich entfaltet. Besondere Bedeutung kommt dabei auch dem Konzept der Komplementärtugenden zu. Gerade dieser Blick auf die Eigenwirklichkeit des Menschen macht den Ansatz des Radulfus für eine heutige theologische Ethik interessant, in der die Einbeziehung der Humanwissenschaften eine zentrale Rolle spielt.

Trotz dieser Bedeutung für die Geschichte der theologischen und philosophischen Ethik, hat es in der Vergangenheit keine Editionen des Textes gegeben, er war nur in den Handschriften zugänglich.

Durch Förderung mit DFG-Mitteln konnte in der Zeit von 2005  bis 2014 bereits die kritische Edition der Bücher I-V des Speculum universale einschließlich einer umfassenden editorischen Einleitung in das gesamte Werk erarbeitet werden. Diese Edition liegt vor als:

Radulfi Ardentis Speculum Universale, libri I-V, Ed.: Claudia Heimann / Stephan Ernst (Corpus Christianorum. Continuatio Mediaevalis 241), Turnhout 2011.

Durch die jetzt bewilligten Mittel wird es möglich, auch die verbleibenden Bücher VII-XIV zu edieren und damit der weiteren Forschung zugänglich zu machen.

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