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Lehrstuhl für Religionspädagogik

Religiöse Bildung in der Pluralität

Pädagogische und didaktische Konsequenzen für religiöse Bildung angesichts der modern-postmodernen Gesellschaft

Pluralität ist in der Gegenwart zu einem Schlagwort geworden, mit dem die Gesellschaft beschrieben wird und gleichzeitig an die Gesellschaft Forderungen gestellt werden. Es ist offen, wie weit diese Forderungen berechtigt sind, und es gibt auch Stimmen, die die Pluralität der Gesellschaft allgemein in Abrede stellen. Religiöse Bildung vollzieht sich im Kontext dieser Gesellschaft mit ihren teils deskriptiven und teils normativen Diskursen, daher ist es notwendig, dass in Konzeption und Durchführung religiöser Bildung diese Diskurse berücksichtigt werden. So wird konzeptuell die Konfessionalität des Religionsunterrichtes in Frage gestellt mit Verweis auf die gesellschaftliche Pluralität; in Bezug auf die Durchführung religiöser Bildung in einer pluralen Gesellschaft stellen sich zum Beispiel Fragen nach dem Verhältnis von Instruktion und freiem Lernen oder nach der Bedeutung von Zielen und Kompetenzen im Unterricht.

Das Forschungsprojekt „Religiöse Bildung in der Pluralität“ gibt eine adäquate Darstellung der gegenwärtigen Gesellschaft, betrachtet die normativen Diskurse in religionspädagogischer Perspektive und entwickelt daraus Kriterien für gelingende religiöse Bildung. Dabei orientiert sich das Projekt an drei Leitfragen:

  • Wie ist Pluralität in der Gesellschaft genau gestaltet, welche Aspekte der gesellschaftlichen Vielfalt sind für religiöse Bildung von besonderer Bedeutung?
  • Was sind die Wirkungen von gesellschaftlicher Pluralität auf grundlegende Aspekte von religiöser Bildung, insbesondere auf die Konzepte Wahrheit, Werte und Identität?
  • Welche Konsequenzen hat die Reflexion von gesellschaftlicher Pluralität für die Ziele und Wege religiöser Bildung?

Methodisch beruht das Forschungsprojekt auf Metaanalysen bestehender soziologischer, psychologischer und religionspädagogischer Untersuchungen, sowie auf der Reflexion von Diskursen der Genderstudies, post-colonial Studies und weiteren gegenwärtigen Wissenschaften. Die Überlegungen zu den Zielen und Wegen religiöser Bildung sind durch praktische Versuche angeregt und kritisch reflektiert.

In einem ersten Schritt der Untersuchung sollen die Gesellschaft und ihre Pluralität näher beschreiben werden, in den drei Dimensionen Wirtschaft, menschliches Miteinander und Religion. Ökonomische Unterschiede, Trennungen zwischen den gesellschaftlichen Gruppierungen und religiöse Unterschiede zwischen den bestehenden Religionen, aber auch innerhalb der bestehenden Religionen sind von besonderer Bedeutung für religiöse Bildung und werden daher näher betrachtet.

In einem zweiten Schritt wird gesellschaftliche Pluralität als geistiges Konzept betrachtet und dessen Auswirkungen auf die Konzepte Wahrheit, Werte und Identität beschrieben. Pluralität erweist sich vor allem als eine eigene, wertendende Auffassung in Bezug auf die Gesellschaft, und durch diese Auffassung wird das Verständnis von Wahrheit, von Werten und von Identität in Frage gestellt.

Schließlich werden in einem dritten Schritt konkrete Konsequenzen der Pluralität in der Gesellschaft für die Durchführung von religiösen Lernprozessen aufgezeigt. Da Wahrheit, Werte und Identität grundlegende Aspekte religiöser Bildung sind, muss sich auch das religiöse Lernen verändern, wenn die Gesellschaft neue Konzeptionen von Wahrheit, Werten und Identität in Anschlag bringt. Diese Untersuchung verbindet so konzeptuelle Reflexionen zur Gesellschaft, in der wir leben, mit praktischen Überlegungen für die Durchführung von Religionsunterricht.