Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

Von Menschenrechten und Menschenpflichten

21.01.2010

Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften eröffnet Ringvorlesung der Würzburger Theologie - Vortrag zum Verhältnis von Religion und Wissenschaft

„Was treibt die Theologie?“ Unter diesem Motto geht die Würzburger  Katholisch-Theologische Fakultät in den kommenden Monaten der Frage nach dem Selbstverständnis und den Aufgaben des Faches nach. Bei der bestens besuchten Auftaktveranstaltung am 20. Januar sprach Prof. Dietmar Willoweit, Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, zum Thema „Religion und Wissenschaft“.

In seinem Vortrag spannte Willoweit einen weiten Bogen von den Religionen der Antike bis hin zur Gegenwart. Ausgehend vom Weltverständnis der alten Religionen und den Antworten und Anfragen der Natur- und Geisteswissenschaften im Laufe der Menschheitsgeschichte beschäftigte er sich besonders mit der Frage, welche Rolle und Funktion Religion heute spiele. Es sei das Verdienst der Religion, jenseits aller geschichtlichen Veränderungen ein generationenübergreifendes Lebensmodell etabliert zu haben, das der Gesellschaft verlässliche Verhaltensregeln gebe, so Willoweit.  „Wie kann und soll der Mensch leben, ohne mit sich selbst oder Seinesgleichen in Konflikt zu geraten?“, so laute der Kernsatz dieses Modells.

Gesellschaftsstabilisierende Rolle der Religion
In der Gegenwart hätten verstärkt Elemente einer Zivilreligion diese gesellschaftliche Aufgabe übernommen. In deren Zentrum stünden die Menschenrechte, deren Schutz heutzutage einen „quasireligiösen Charakter“ besitze. Doch reiche die Berufung auf die Menschenrechte nicht aus, da diese nur „Nahziel, nicht aber endzeitliche Utopie“ sein könnten, so der Akademiepräsident weiter. Die wichtige Frage nach den Menschenpflichten ließen die Menschenrechte unbeantwortet. Hier erfülle die Religion weiterhin eine zentrale Funktion, denn sie appelliere an das Verantwortungsbewusstsein des Menschen. Die gesellschaftstabilisierende Funktion der Religion sei nicht zu übersehen und eine aggressive Religionskritik deshalb völlig fehl am Platz.  An den Vortrag schloss sich eine rege Diskussion über die Thesen Willoweits an.

Bei seiner Begrüßung hatte zuvor der Dekan der Fakultät, Prof. Erich Garhammer, auf den äußeren Anlass der Vorlesungsreihe hingewiesen, den 120. Todestag des Theologen und Historikers Ignaz von Döllinger am 10. Januar. Dieser war nach seiner Exkommunikation durch die katholische Kirche 1873 zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften gewählt worden. Er freue sich, so Garhammer, dass ein Nachfolger Döllingers als Akademiepräsident nun die Vorlesungsreihe eröffne.

Nächste Veranstaltung  am 4. Februar mit Wolfgang Frühwald
Die Vortragsreihe an der Würzburger Universität beschäftigt sich bis zum 16. Juni mit der Frage nach Ort und Bedeutung heutiger Theologie im Kontext von Wissenschaft, Gesellschaft und Religion. An insgesamt sechs Abenden soll das wissenschaftliche Selbstverständnis, aber auch die Vielfalt und Vernetztheit des Faches veranschaulicht werden. Zum nächsten Vortrag am 4. Februar wird ein weiterer hochkarätiger Referent erwartet. Prof. Wolfgang Frühwald, ehemaliger Präsident der Alexander-von-Humboldt-Stiftung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft spricht dann zum Thema „Theologie im Kontext von Universität und Gesellschaft heute“.


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