Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

Von der Trennung zur Einheit: Das Bemühen um die Pius-Bruderschaft

12.10.2010

Lehrstuhl für Kirchenrecht organisierte wissenschaftliche Fachtagung

Professor Heribert Hallermann, Würzburg

Die Aufhebung der Exkommunikation für die vier im Jahr 1988 unerlaubt geweihten Bischöfe der Pius-Bruderschaft durch Papst Benedikt XVI. im Januar des vergangenen Jahres hat nicht nur für ein großes mediales Echo gesorgt, sondern auch die verstärkte Beschäftigung der Theologie mit der Pius-Bruderschaft ausgelöst. Die Fachtagung „Von der Trennung zur Einheit: Das Bemühen um die Pius-Bruderschaft“ auf Schloss Hirschberg mit ca. 60 Teilnehmern, die vom Würzburger Kirchenrechtler Prof. Dr. Heribert Hallermann organisiert wurde, griff dieses aktuelle Thema auf und nahm die Einheitsbemühungen Roms um die Pius-Bruderschaft aus der Perspektive mehrerer theologischer Disziplinen wie des Kirchenrechts, der Liturgiewissenschaft und der systematischen Theologie in den Blick.

Die Tagung brachte die verschiedenen Disziplinen miteinander ins Gespräch, was sich am regen Austausch und der engagierten Diskussion der teilnehmenden Professoren, Dozenten und Studenten zeigte.

  • Die Kirchenrechtler Prof. Dr. Stephan Haering (München) und Prof. Dr. Markus Graulich (Rom) zeichneten den Konflikt und die Verhandlungen zwischen der Pius-Bruderschaft und Rom in seinen geschichtlichen Etappen und seiner aktuellen Problematik nach. Bei der Auseinandersetzung geht es nicht nur vordergründig um unterschiedliche Formen der hl. Messe, sondern vielmehr um die volle Anerkennung des II. Vatikanischen Konzils. Das betrifft vor allem das Verständnis von der Kirche als Volk Gottes, das Verhältnis von Kirche und Welt, die Anerkennung der Religionsfreiheit und der Gewissensfreiheit, die Ökumene, den interreligiösen Dialog etc. Wie Papst Benedikt XVI. schreibt, kann man die Tradition und „die Lehrautorität der Kirche nicht im Jahr 1962 einfrieren – das muss der Bruderschaft ganz klar sein.“ Die Pius-Bruderschaft bekundet zwar verbal immer wieder ihre Treue zum Papst, akzeptiert aber im gleichen Zug die Lehrautorität des Papstes und der Bischöfe nicht.
  • Der Fundamentaltheologe Prof. Dr. Wolfgang Klausnitzer (Würzburg) schilderte die Entwicklung des Papstamtes und seine zentrale Aufgabe, Garant der Einheit zu sein, und zeigte entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten für den päpstlichen Dienst an der Einheit auf. Die Pius-Bruderschaft selbst ist nach dem Urteil von Papst Johannes Paul II. eine schismatische Gemeinschaft. So stellt sich in der Praxis des kirchlichen Lebens immer wieder die Frage nach der rechtlichen Stellung der Mitglieder der Pius-Bruderschaft. Von diesen müssen die Sympathisanten und Anhänger unterschieden werden.
  • Dr. Bernd Dennemarck (Eichstätt/Benediktbeuern) diskutierte vor diesem Hintergrund, ob die in der Pius-Bruderschaft gespendeten Sakramente, wie zum Beispiel die Taufe oder die Eucharistie, gültig sind oder ob es Katholiken erlaubt ist, Sakramente in dieser schismatischen Gemeinschaft zu empfangen.
  • Der Eichstätter Liturgiewissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Bärsch zeigte auf, dass die Liturgie immer auch eine Feier des jeweiligen Verständnisses von Kirche ist und dass es insofern zu Spannungen zwischen der ordentlichen Form des römischen Ritus und der außerordentlichen Form dieses Ritus kommt, da in der so genannten „tridentinischen Messe“ eine anderes, nämlich ein rein klerikales Verständnis von Kirche gefeiert werde.
  • Prof. Dr. Wilhelm Rees (Innsbruck) hob in seinem Vortrag zur strafrechtlichen Bewertung der Aufhebung der Exkommunikation hervor, dass dies ein reiner Gnadenakt des Papstes war, der nicht auf Vorleistungen beruhte, sondern vielmehr positive Schritte der Pius-Bruderschaft auf dem Weg zur Einheit hervorrufen wollte. Bis jetzt scheint diese Hoffnung jedoch vergeblich zu sein. Rees stellte zudem klar, dass die vier Bischöfe weiterhin suspendiert sind und in der katholischen Kirche weder ein Amt bekleiden noch einen Dienst versehen können. Auch hat die Pius-Bruderschaft innerhalb der katholischen Kirche keinerlei rechtlichen Status.
  • Prof. em. Dr. Peter Krämer (Trier) zeigte, dass die Leugnung des Holocaust, wie sie von Bischof Willamson wiederholt erfolgt ist, bereits mit dem geltenden Strafrecht der Kirche sanktioniert werden kann, ohne dass dieser Tatbestand eigens in das kirchliche Strafrecht aufgenommen werden müsste.
  • Abschließend fragte Prof. Dr. Christoph Böttigheimer (Eichstätt) nach den erforderlichen Bedingungen kirchlicher Einheit und lenkte den Blick dabei nicht nur auf die Pius-Bruderschaft, sondern auch auf die Ökumene mit anderen christlichen Kirchen.

Jenseits aller verletzenden Polemik, die Papst Benedikt in seinem Brief vom 10. März 2009 beklagt, hat die Fachtagung in Schloss Hirschberg zu einer vertieften Sicht der Problematik beigetragen: Es geht im Bemühen um die Pius-Bruderschaft um die Einheit der katholischen Kirche; es geht aber auch um die Frage, ob die Kirche ihre durch das II. Vatikanische Konzil geprägte Identität preisgibt und somit ihrem Bemühen um die Ökumene, um den interreligiösen Dialog und um die Mitgestaltung der Welt den Boden entzieht. Alle Vorträge der Fachtagung werden in einem Tagungsband publiziert, damit so ein noch weiter reichender Beitrag zum Ringen um die Einheit der Kirche geleistet werden kann.

(Text und Bilder: Lehrstuhl für Kirchenrecht)

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