Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

"Konfliktfähigkeit ist auch eine theologische Kompetenz"

13.02.2011

Studienabschlussfeier der Katholisch-Theologischen Fakultät im Zeichen des Theologen-Memorandums – 44 Absolventinnen und Absolventen verabschiedet

Die frisch gebackenen Diplom-Theologinnen und -Theologen (links außen Prodekan Dominik Burkard, in der Mitte links Studiendekan Wolfgang Weiß, daneben Dekan Erich Garhammer)

„Die Theologie ist wieder Tagesgespräch, und das ist gut so“, mit diesen Worten eröffnete Professor Erich Garhammer, Dekan der Würzburger Katholisch-Theologischen Fakultät, die Studienabschlussfeier des Wintersemesters. Mehr als 200 Gäste waren der Einladung zur traditionellen Zeugnisverleihung an die Absolventinnen und Absolventen gefolgt, darunter Universitätsvizepräsident Professor Wolfgang Riedel und zahlreiche Vertreter des Bistums.

In seiner Ansprache ging Garhammer ausführlich auf die aktuellen Auseinandersetzungen im Kontext des so genannten „Theologen-Memorandums“ ein. Der Pastoraltheologe, selbst einer von vier Würzburger Unterzeichnern, bedauerte die bisweilen polemischen Reaktionen auf diese Erklärung, die inzwischen mehr als 240 Theologieprofessorinnen und Professoren unterschrieben. Manche Stellungnahme, auch von hohen Würdenträgern der Kirche, bediene sich einer Jahrhunderte alten Methode der Kirche im Umgang mit Kritikern: „Reformvorschläge einfach mit dem Ketzerstigma zu versehen und Maulkörbe zu verhängen.“ Dies aber sei heute nicht mehr akzeptabel. „Es darf keine Denkverbote geben, keine Maulkörbe. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die aber doch immer wieder einzufordern ist“, so Garhammer.

Wandlungen verursachen Ängste

In der gegenwärtigen Situation lägen bisweilen die Nerven blank. Umso wichtiger sei es, Denkblockaden aufzubrechen und neue Denkräume zu schaffen. Dazu könne auch der Blick zurück in die Kirchengeschichte helfen. Am Beispiel der Auseinandersetzungen in Deutschland in den 1940-er Jahren um die damals aufkommende Liturgische Bewegung skizzierte der Dekan der Würzburger Theologie grundlegende Muster und wiederkehrende Reflexe solcher innerkirchlichen Konflikte. In jeder Epoche der Geschichte seien notwendige Wandlungen von übersteigerten Angstreaktionen begleitet gewesen. Wo Veränderung eingefordert werde, entstehe immer auch Sorge, die eigene Identität zu verlieren. „Die Vermittlung von Alt und Neu, Tradition und Fortschritt ist jeder Generation aufgegeben“, so Garhammer weiter.

Garhammer mahnte eine bessere und fairere Gesprächskultur in der Kirche an. Streit und Auseinandersetzungen seien nicht der Ruin der Kirche. „Viel ruinöser ist es, wenn unter dem Deckmantel der Einheit bestimmte Richtungen, bewaffnet mit dem Schild der Geheimhaltung und der selbstfabrizierten Lanze der Rechtgläubigkeit, andere als Ketzer diffamieren.“ Verweigerte Diskussion und Unterdrückung von Konflikten seien viel gefährlicher als offen und fair ausgetragener Streit. Deshalb trügen auch die kirchlichen Amtsträger eine besondere Verantwortung. Diese seien bisweilen einseitig theologisch beraten und manchmal gar unter Druck gesetzt. „Entscheidend ist, von wem sich Bischöfe beraten lassen“, so die Mahnung des seit dem Jahr 2000 an der Universität lehrenden Pastoraltheologen.

Hoffnung auf offenen Dialog

Garhammer ging auch kurz auf die am selben Tag von Kardinal Walter Kasper geäußerte Kritik am Memorandum ein. Dieser hatte den Unterzeichner vorgeworfen sie übersähen, dass die gegenwärtige Krise weniger eine Kirchen- als vielmehr eine Gotteskrise sei. „Ich gebe Kardinal Kasper recht, widerspreche ihm nur in einem Punkt: ein Memorandum ist keine Monographie, sondern eine Intervention“, gab Garhammer zu bedenken. Die kommenden Monate müssten zeigen, was diese Intervention auslöse und wie sich die Kräfte formierten. Allerdings sei schon jetzt zu beklagen, dass manche Reaktionen, insbesondere auf Internetforen wie kath.de oder kreuz.net, das angemessene Niveau unterschritten, so der Dekan weiter.

"Wuchern Sie mit Ihren Fähigkeiten!"

Mit den Glück- und Segenswünschen an die 44 Absolventinnen und Absolventen des Diplomstudiengangs und der Lehramtsstudiengänge verband Garhammer die Aufforderung, ihre im Studium erworbenen Kenntnisse in der Praxis einzusetzen. „Konfliktfähigkeit ist auch eine theologische Kompetenz. Und so ermuntere ich Sie, liebe Absolventinnen und Absolventen, wuchern Sie mit den Fähigkeiten, die Ihnen die Fakultät während Ihres Studiums nahe bringen wollte: Wissenschaftlichkeit, Kritikfähigkeit, Offenheit, Glaubensstärke und Loyalität gegenüber der Kirche. Ein Zeichen dieser Loyalität kann auch der Widerspruch sein“, so Garhammer am Ende seiner mit großem Beifall bedachten Rede.

Neben den Absolventen der regulären Studiengänge wurden auch die neu promovierten Theologen Ignace Bisewo Pesa aus der DR Kongo (Moraltheologie), Florian Kluger (Liturgiewissenschaft) und Thomas Meckel (Kirchenrecht) sowie die im Fach Altes Testament habilitierte Exegetin Stephanie Ernst feierlich verabschiedet.

Festvortrag zur Bedeutung des konfessionellen Religionsunterricht

Den akademischen Festvortrag hielt Thomas Meckel. Er beschäftigte sich mit der Frage, ob der konfessionelle Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ein Privileg der Kirchen sei, das zudem die Neutralität des Staates verletzen würde. Die Konfessionalität des Religionsunterrichts sei nicht nur Anliegen der jeweiligen Religionsgemeinschaft, sondern ureigenes Interesse des religionsneutralen Staates, der von Werten lebe, die er weder schaffen noch garantieren könne. Religionsunterricht sei daher eine gemeinsame Angelegenheit von Staat und Religionsgemeinschaft, für die beide im Sinn des kooperativen Verhältnisses von Staat und Religion in der Bundesrepublik bei bleibender Unterschiedenheit in Beziehung treten.

Vor diesem Hintergrund hielt Meckel fest, dass der konfessionelle Religionsunterricht weder besonderes Privileg der Kirchen noch ein Verstoß gegen die staatliche Neutralität in Religionsfragen sei. Vielmehr unterstütze er den schulischen Bildungsauftrag, begründe sich von diesem her und garantiere so die individuelle und korporative Religionsfreiheit der Religionsgemeinschaften. „Der konfessionelle Religionsunterricht ist ein wichtiges Mittel zur Verwirklichung der positiven Religionsfreiheit im neutralen Staat“, so das Fazit des frisch promovierten Würzburger Kanonisten.

Musikalisch wurde die Feier erneut von Studierenden umrahmt, diesmal von einem Bläser-Trio mit Lena Dinkel (Flöte), Benjamin Leven (Flöte) und Korbinian Müller (Fagott). Mit einem Grußwort der Alumni-Beauftragten der Universität, Michalea Thiel, und Glückwünschen der Fachschaftsvertreterin Anna Krähe endete der offizielle Teil. Der gewohnt stimmungsvolle Empfang im Lichthof der Universität schloss sich an. Er bot ausreichend Gelegenheit zu Begegnung, Feier und weiterer Diskussion.

Text: Claudio Ettl

Dokumentation:

<link file:78827>Rede von Dekan Erich Garhammer

Rundfunkbeitrag des Würzburger Bistumsradios

Bericht der "Mainpost"

 

Weitere Bilder

Von Claudio Ettl

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