Intern
Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft

Alles nur Theater?

01.02.2012

Würzburger Theologiestudenten diskutierten in München über Liturgie und Theater

Christian Stückl (4. v. r.), Intendant am Münchner Volkstheater und Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele, im Gespräch mit der Gruppe aus Würzburg. Foto: Lisa Sponner

Würzburg/München. „Vorhang auf, Bühne frei“, hieß es für eine Gruppe Würzburger Theologiestudenten mit dem Liturgiewissenschaftler Professor Martin Stuflesser bei einer dreitägigen Exkursion nach München. Sie standen nicht selbst auf der Bühne, sondern beschäftigten sich mit Inszenierung und Performance im Theater und im Gottesdienst. Eine wichtige Frage: Was hat Liturgie mit Theater zu tun?

Ein spannender Gesprächspartner vor Ort war Christian Stückl, Intendant am Münchner Volkstheater. Der gebürtige Oberammergauer ist seit vielen Jahren Spielleiter bei den berühmten Passionsspielen seines Heimatortes. Christian Stückl brennt für seine Sache - und das betrifft nicht nur seinen Tabakkonsum. Er ist begeistert vom Theater und den Passionsspielen. Auch die Liturgie fasziniert ihn und schon früh versuchte er als Mesner in seiner Heimatkirche die gottesdienstlichen Feiern kunstvoll auszugestalten. Seine Prägung kommt ihm zugute. Nirgendwo liegen professionelle Theaterinszenierung und geistliches Tun so nahe beieinander wie bei den Passionsspielen. Und doch: „Liturgie ist nicht Oberammergau“, betont Martin Stuflesser und Christian Stückl versucht zu erklären: „Es entsteht so etwas wie eine geistliche Atmosphäre. Aber was wir bei den Passionsspielen machen ist kein Gottesdienst, auch wenn dort einige Besucher tiefe Glaubenserfahrungen machen.“

Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Liturgie und Theater wurden im Verhältnis von Zuschauer und Akteur deutlich. Im Theater sei die Rollenverteilung in der Regel klar: Auf der Bühne stehen die Schauspieler und im Saal sitzen die Zuschauer. Anders verhalte es sich in der Liturgie: „Im Gottesdienst ist jeder Getaufte Akteur, jeder hat einen Part zu übernehmen, auch wenn er nicht im Altarraum einen Dienst erfüllt“, erklärt Martin Stuflesser und ergänzt, dass die Taufe grundlegend zu liturgischem Tun befähigt. Zwar gebe es Hauptakteure im Gottesdienst, doch sei jeder Mitfeiernde als Teilnehmer und nicht als bloßer Zuschauer zu verstehen.

Um sich umfassend mit der Thematik auseinanderzusetzen diskutierten die Würzburger Studenten verschiedene Ritualtheorien und philosophische Überlegungen. Sie besprachen musikalische Inszenierungen, analysierten Fernsehgottesdienste und besuchten eine Theateraufführung im Residenztheater. Das dort aufgeführte Drama „Zur Mittagsstunde“ führte die Studierenden zur Frage, was eine gelungene Inszenierung ausmacht und was es heißt, eine Theaterrolle auszufüllen. Es wurde deutlich: „Auch Schauspieler spielen nicht einfach nur eine Rolle. Sie stellen diese mit voller Ernsthaftigkeit dar“, erklärt der Germanist Michael Ott von der Ludwig-Maximilians-Universität München, um die Professionalität in der Theaterwelt zu verdeutlichen. Am Ende der dreitägigen Exkursion lenkte Martin Stuflesser den Blick auf inhaltliche Unterschiede zwischen Liturgie und Theater und resümiert: „Im Theater werden Geschichten zur Aufführung gebracht, in der Liturgie das Geheimnis des Glaubens gefeiert.“

Florian Kluger

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