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Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft

Prof. Dr. Georg Langgärtner

Lehrstuhlinhaber von 1966-1987(+)

erster Inhaber des eigenständigen Lehrstuhls

Georg Langgärtner (1926-­1987)

Georg Konrad Langgärtner war erster Ordinarius am neu errichteten Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft der Universität Würzburg. Er wurde am 23. September 1926 in Aschaffenburg geboren. Dort besuchte er das Gymnasium und legte im Juli 1946 die Reifeprüfung ab. Unterbrochen wurde die schulische Ausbildung durch die Einberufung zu Reichsarbeitsdienst und Wehrmacht ab 1944 und die Kriegsgefangenschaft, aus der er im August 1945 entlassen wurde. Nach einem Semester Medizin an der Universität Würzburg wechselte er im Sommersemester 1947 an die Philosophisch-theologische Hochschule Bamberg und studierte dort Philosophie und Geschichte. Zum Wintersemester 1947/48 kehrte er an die Universität Würzburg zurück und absolvierte dort bis 1952 ein Studium in den Fächern Theologie, Philosophie und Geschichte. An die Priesterweihe 1952 schloss sich eine mehrjährige Tätigkeit in der Seelsorge an, zunächst als Kaplan in Veitshöchheim und Marktheidenfeld, danach von 1953 bis 1960 als Präfekt am Bischöflichen Knabenseminar Kilianeum in Würzburg. Im August 1960 trat er die Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten an der theologischen Fakultät Würzburg an, wo er 1962 "Summa cum laude" zum Doktor der Theologie promoviert wurde. 1963 folgte die Habilitation, 1964 die Ernennung zum Privatdozenten und 1965 zum Universitätsdozenten für "Kirchengeschichte, Patrologie und Liturgiegeschichte". Im Dezember 1966 wurde er auf den Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft berufen.

Hatte die Dissertation Langgärtners "Die Gallienpolitik der Päpste im 5. und 6. Jahrhundert" noch einem rein historischen Thema gegolten, lässt die Habilitationsschrift bereits den Weg hin zur Liturgiewissenschaft erkennen, wie auch aus ihrem Untertitel deutlich wird ("Ein Beitrag zur Patrologie und Liturgiewissenschaft des 6. Jahrhunderts"). Sie beschäftigt sich mit Leben und Werk des Bischofs Caesarius von Arles und zeichnet anhand seiner Predigten und anderer Schriften sowie der (teilweise von ihm geleiteten) Synoden ein lebendiges Bild vom liturgischen Leben im Gallien des frühen 6. Jahrhunderts. Der Beitrag des Bischofs zur Entwicklung der Liturgie wird an verschiedenen Bereichen festgemacht (Kirchenjahr; Sakramente; Tagzeitenliturgie; Kirchenraum). Großen Einfluss hatte Cäsarius bis in das Mittelalter hinein auf die Entwicklung der Bußdispziplin; seine Predigten waren weit verbreitet. Insgesamt erwies sich der Bischof nach dem Zusammenbruch des Arianismus als kluger Organisator der Kirche und Förderer der Bildung des Klerus. Leider blieb die Habilitationsschrift unveröffentlicht.

Der geschichtliche Aspekt der Liturgie blieb für den Schüler Berthold Altaners und Theodor Freudenbergers stets ein Schwerpunkt seiner Forschung. Dies zeigen seine Veröffentlichungen über den Apokalypsekommentar des Caesarius von Arles (1967), die Osterfestbriefe Cyrills von Alexandrien (1971) und die Taufe bei Maximus von Turin (1972) ebenso wie die Tatsache, dass er im Kreis der Herausgeber des "Lexikon des Mittelalters" für das Fachgebiet Liturgie verantwortlich zeichnete und mehrere liturgische Lemmata aus den ersten Bänden dieses Standardwerkes aus seiner Feder stammen. An zwei Publikationen zur Feier der Quatember (1976/82) wird freilich deutlich, dass er aus geschichtlichen Themen auch pastorale Impulse für die Gegenwart zu gewinnen vermochte.

Gerade in der Ausweitung einer rein historischen Betrachtungsweise der Liturgie hin zu ihrer systematischen Durchdringung und Orientierung an den Erfordernissen der Gemeinden lag die Aufgabe, die das II. Vatikanische Konzil diesem Fach gestellt hatte, und deren Lösung die Fakultät von dem neuen Professor erwartete. Die Pastoral der Liturgie war in der Tat der zweite Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit, wie die Artikel im "Lexikon der Pastoraltheologie", seine Aufsätze in theologischen Fachzeitschriften und Festschriften sowie verschiedene Beiträge zu liturgischen Handreichungen dokumentieren. An dieser Stelle sind des weiteren zu nennen seine Mitarbeit in der Redaktionskommission des neuen Benediktionale (1978), sein Werkbuch "Die Sakramentalien" (1974), in das viele der Anregungen aus der Arbeitsgruppe zum Benediktionale einflossen, und die von ihm herausgegebene Sammlung mit Gebeten und Hymnen aus den Liturgien des Ostens und Westens "Jesus Christus ist der Herr" (1978). Dass sich Langgärtner für die Umsetzung liturgiewissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis der Liturgie nicht zu schade war, zeigt die bereitwillige Übernahme der Schriftleitung (und nicht der Mitherausgeberschaft) der Zeitschrift "Liturgie konkret. Hilfen für die Gestaltung des Gottesdienstes", die seit 1977 erscheint. Hierbei suchte er ab 1986 durch regelmäßige "Besinnungen zur Liturgie" geistliche Impulse zu setzen. Stets war sein Anliegen, die seelsorgliche Bedeutung der Liturgie auch seinen Studenten nahe zu bringen.

Als akademischer Lehrer führte er seine Assistenten Karl Schlemmer und Guido Fuchs zur Promotion. Bereitwillig übernahm er auch Aufgaben innerhalb der Fakultät. Lange Zeit war er Beauftragter für die Gesamtbibliothek sowie Vorsitzender der Kommission für das Forum "Theologie aktuell". In den Jahren 1969 und 1972­75 bekleidete er das Amt des Dekans. Aufgrund seiner ebenso korrekten wie auf Ausgleich bedachten Art wurde die Zeit seines Dekanates allseits sehr gewürdigt. Sein Wirken beschränkte sich allerdings nicht auf die Universität. An der Einführung des Ständigen Diakonates in der Diözese Würzburg war er wesentlich beteiligt, sowohl hinsichtlich der theologischen Vorüberlegungen, die ihren Niederschlag in dem 1967 erschienenen Buch "Der Diakon heute" fanden, als auch durch die Ausübung des Mentorates, das er rund zehn Jahre innehatte. Für die Domschule Würzburg war er als Verfasser eines Lehrbriefes im Rahmen der "Theologie im Fernkurs" und nicht selten als Referent tätig. Außerdem gehörte er als Vertreter der Theologischen Fakultät der Kommission für die Priesterfortbildung an.

Neben diesen vielfältigen Tätigkeiten blieb er stets in der aktiven Seelsorge beheimatet, aus der er auch immer wieder neue Anregungen für seine pastoralliturgische Arbeit bezog. Viele Jahre betreute er die Gemeinde St. Lioba in Würzburg-Lengfeld, von 1973 bis 1979 war er Hausgeistlicher in einem Schwesternkonvent. Als er 1980 nach Freihung/Oberpfalz umzog, wo er ein Haus gebaut hatte und lebte, übernahm er selbstverständlich auch dort seelsorgliche Aufgaben. 1986 erkrankte Langgärtner schwer; lange versuchte er dennoch, seinen Pflichten an der Universität und der Schriftleitung von "Liturgie konkret" nachzukommen. Auch in dieser schweren Zeit blieb ihm sein Humor, der ihn als interessierten und klugen Beobachter der Menschen auswies, erhalten. Nicht überraschend und doch plötzlich starb er an seinem Namenstag, dem 23. April 1987.

 

Bibliographie (in Auswahl)

 

  • Die Gallienpolitik der Päpste im 5. und 6. Jahrhundert. Eine Studie über den apostolischen Vikariat von Arles (Theophaneia 16), Bonn 1964.
  • Cäsarius von Arles ­ Persönlichkeit und Werk. Dargestellt nach seinen Schriften und den von ihm geleiteten Synoden (Ein Beitrag zur Patrologie und Liturgiewissenschaft des 6. Jahrhunderts), Habil., masch., 1963.
  • Geschichte des Diakonates. Gründe für seine Neubelebung, in: Der Diakon heute, hrsg. von der Domschule e.V., Akademie für Erwachsenenbildung der Diözese Würzburg, Würzburg 1969, 7­35.
  • Die Taufe bei Maximus von Turin, in: Zeichen des Glaubens. Festgabe für B. Fischer zum 60. Geburtstag, hrsg. v. H. Auf der Maur und B. Kleinheyer, Freiburg i. Br. 1972, 71­81.
  • Die Sakramentalien. Ein Werkbuch mit Anleitungen und Modellen für die Segnungen der Kirche, Würzburg 1974.
  • Erneuerung der Quatember. Anliegen. Modelle. Aktionen, Würzburg 1976.
  • Jesus Christus ist der Herr. Gebete, Hymnen, Meditationen aus den Liturgien des Ostens und des Westens, München 1978.

(Autor: Guido Fuchs)