Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

Weltkirche im Steinbachtal

24.07.2012

Ostkirchliches Institut feierte 65-jähriges Bestehen mit Festakt und Symposium

Beim 65. Jubiläum des Ostkirchlichen Instituts (v.l.): Carolina Lutzka, Geschäftsführerin Christiana Krauß-Schmidt, Prof. Dr. Franz Dünzl, Bischof Dr. Gregor Maria Hanke, Prof. Dr. Hans-Jürgen Feulner, Hannelore Tretter, Dr. Dr. Thomas Mark Németh und Prof. Dr. Christian Hannick (Foto: Frank Kupke/POW)

Im Steinbachtal findet man nicht nur Bäume. Dort ist auch die Wissenschaft zu Hause. Seit 1959 beherbergt der Komplex hinter St. Bruno das „Ostkirchliche Institut“, das am 21. und 22. Juni 2012 sein 65-jähriges Jubiläum gefeiert hat: 1947 hatte sich das Provinzkapitel der deutschen Augustiner entschlossen, ein „wissenschaftliches ostkirchliches Institut aufzubauen“ (Coelestin Pattock OSA, Ostkirchliches Institut der deutschen Augustiner Würzburg, Würzburg 1986, S. 10.) und dieses zuerst im Grabenberg in der Würzburger Innenstadt untergebracht. Unter der Leitung des charismatischen Augustiners P. Hermenegild Biedermann erwarb sich das Ostkirchliche Institut von 1951 bis 1994 in Wissenschaftskreisen einen hervorragenden Ruf.  

Nach einer kritischen Phase gelang es 2010, für das „Ostkirchliche Institut“, das seit 1999 nicht mehr „Ostkirchliches Institut der deutschen Augustiner“, sondern „Ostkirchliches Institut an der Universität Würzburg“  heißt, neue Träger zu finden und damit die eigene Existenz zu sichern. Gesellschafter sind jetzt die Katholische Diözese Würzburg, der Echter-Verlag Würzburg und das Provinzialat der Deutschen Augustiner. Die „Gesellschaft für Ostkirchenforschung“ besitzt die Rechtsform einer GmbH.

Bereits 2009 hatte ein Wechsel in der Leitung des Instituts statt gefunden, als der Wiener Jurist und Theologe Dr. Dr. Thomas Németh die Nachfolge von Professor Dr. Jakob Speigl antrat. Mit dem Institut seit langem verbunden sind die jetztige Geschäftsführerin Diplomtheologin Carolina Lutzka M.A. und der Stellvertretende Direktor Professor Dr. Christian Hannick. Németh und Hannick geben auch die seit 1947 erscheinende Reihe „Das östliche Christentum“ und die seit 1952 publizierte Zeitschrift „Ostkirchliche Studien“ heraus. Die Koordination beider Publikationsorgane liegt in der Hand von Carolina Lutzka.

Bei einem Gespräch in der Bibliothek des „OKI“ berichten die drei Wissenschaftler von der  Geschichte des Instituts, das von Sparmaßnahmen gefährdet war, aber schließlich doch gerettet werden konnte. „Besonders stolz sind wir auf unsere Bibliothek, die größte ostkirchenkundliche Bibliothek in Deutschland“, betont Hannick. Und Lutzka ergänzt: „Von überall her bekommen wir Fernleihanfragen. Unser Bestand mit 30 000 Bänden ist wirklich einzigartig.“ Dies hat auch die Universitätsbibliothek Würzburg erkannt. So erfasst einmal in der Woche eine Bibliothekarin systematisch die reichen Bestände.

Neben den Publikationen und der Bibliothek besitzt das Institut noch ein drittes Standbein:  die seit einigen Jahren wieder regelmäßig stattfindenden wissenschaftlichen Tagungen. So auch im Jubiläumsjahr: Nach dem von 80 Gästen besuchten Festakt am Abend des 21. Juni, bei dem auch der Eichstätter Bischof Dr. Gregor M. Hanke und Professor Dr. Franz Dünzl als Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät Grußworte sprachen, fand am 22. Juni in den Räumen des Instituts eine international und interdisziplinär ausgerichtete Tagung zu Geschichte und Gegenwart des armenischen Christentums statt. Mag Franken auch stolz auf seine irischen Apostel Kilian, Kolonat und Totnan sein – das Christentum wurde in Armenien schon um 300 zur Staatsreligion erhoben, lange vor dem Eintreffen der Frankenapostel am Main.

Auf die rund 25 aus ganz Europa angereisten Besucher des Symposiums, das um 10 Uhr begann und bis 18 Uhr dauerte, warteten spannende Vorträge. So sprach Privatdozent Heinzgerd Brakmann (Bonn) um 10 Uhr über das Verhältnis des armenischen Christentums zur allgemeinen Kirche, und der in Oxford lehrende Wissenschaftler Theo M. van Lint berichtete um 11.30 Uhr über die armenische Kultur aus Sicht des gelehrten Laien Grigor Magistros Pahlawuni. Um 15 Uhr skizzierte Professor Hacik Rafi Gazer (Erlangen) Entstehung, Geschichte und Gegenwart des armenischen Patriarchats von Konstantinopel, und der aus Erevan stammende KAAD-Stipendiat Dr. Mikayel Arakelyan referierte um 16.30 Uhr über das Thema der Fürbitte in Bildprogrammen von armenischen Evangeliaren des 16. und 17. Jahrhunderts. Am Ende der Tagung standen um 17.30 Uhr Schlussbetrachtungen von Christian Hannick und ein kleiner Empfang.

Die Tagung brachte so die bewegte Geschichte einer uralten christlichen Kirche aus dem Nahen Osten ins Steinbachtal – ein Jubiläums-würdiges Geschenk des Ostkirchlichen Instituts an sich selbst.

(Text: Stefan W. Römmelt)

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